Clubhouse-App: Digitaler Stammtisch oder exklusiver Salon?

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Blog Header Clubhouse Jan 2021 Pic Source: William Krause via Unsplash

Stammtisch, Telefonkonferenz oder Live-Podcast 2.0: In den letzten Wochen hat die neue mobile App „Clubhouse“ einen wahren Hype ausgelöst. Doch in Sachen Datenschutz hat die App noch einige Schwächen und Risiken. Was ist dran an dieser neuen Plattform? Ist die Nutzung sicher? Kann man sie auch geschäftlich nutzen? Hier die wichtigsten Antworten zum SoMe-Hype der Stunde

Was ist Clubhouse?

Clubhouse ist eine mobile „Audio only-App“, bei der man Gesprächen wie bei einem Live-Podcast lauschen oder sich aktiv an Diskussionen beteiligen kann. Auf Text, Video, Likes oder Kommentare wird vollständig verzichtet. Dieses Hybrid aus sozialem Netzwerk und Messenger kann man mit einer virtuellen Online-Konferenz vergleichen, bei der manche ein Mikro haben, und die meisten nur zuhören.

Die Betreiber Alpha Exploration selbst nennen es “Drop-in audio chat“ und beschreiben Clubhouse als „eine neue Art von sozialem Dienst, der auf Sprache basiert und es Menschen überall auf der Welt ermöglicht, sich zu unterhalten, Geschichten zu erzählen, Ideen zu entwickeln, Freundschaften zu vertiefen und interessante neue Leute zu treffen“.

Woher kommt die App?

Clubhouse startete im April 2020 und löste in den USA zu Beginn der Pandemie einen regelrechten „Hype“ aus, der mit dem zu WhatsApp oder Snapchat in ihren Anfangszeiten vergleichbar ist. Unter den ersten 1.500 Mitgliedern befanden sich Stars wie Rapper Drake, Paris Hilton oder Oprah Winfrey.

Herausgegeben wird die App vom US-Unternehmen Alpha Exploration. Dahinter stehen die beiden Gründer und Geschäftsführer Paul Davison und Rohan Seth. Der Wagnis-Kapitalgeber Andreessen Horowitz, der auch früh in Airbnb, Facebook, Instagram, Lyft und Twitter investiert hat, finanzierte das Startup im Mai letzten Jahres mit zwölf Millionen Dollar. Danach war das junge Unternehmen schlagartig 100 Millionen Dollar wert.

Wie funktioniert Clubhouse?

Um bei Clubhouse mitzumachen, ist zunächst ein Download der Drop-in-Audio-App aus dem Apple-Store nötig. Zusätzlich bedarf es einer Einladung durch einen bereits registrierten User. Dieser „Invite“ funktioniert über die Telefonnummer.
Die Plattform besteht aus Communities und Chat-Räumen zu bestimmten Themen, zwischen denen die User hin- und herwechseln und diese auch selbst anlegen können – privat oder öffentlich. Als Host kann man festlegen, welche Mitglieder sprechen, die Hand heben und welche nur zuhören dürfen. Über die Suchfunktion der App lassen sich Personen, Clubs und Communities finden. Die Clubs sind Kategorien und Themen zugeordnet, aus denen man sich im Rahmen der Registrierung bis zu fünf auswählen kann.

Wer spricht da? Und über was?

Da das Marketingkonzept wohl zumindest in der Anlaufphase auf Exklusivität (Zutritt nur per Einladung) und eine eingeschränkte Usergruppe (nur für Nutzer von iOS-Geräten) setzt, ist die Bandbreite an Personen und Themen noch sehr überschaubar. Im Moment tummeln sich hier vor allem Künstler, Medienschaffende und Politiker als „early adopter“ – also Menschen, die sowieso schon auf allen anderen SoMe-Kanälen senden.

So spricht Luisa Neubauer über Klimaschutz, Christian Lindner über die FDP und Joko Winterscheid über sich selbst. Man kann sogar einer Journalistin beim Nudeln essen zuhören. Themen wie Gründungen, Start-ups oder Immobilien überwiegen derzeit noch. Es gibt aber auch Räume für junge Journalistinnen, Fans des TV-Formats „Dschungelcamp“ oder der NBA.

Ist das für Unternehmen interessant?

Als Service-Kanal für Unternehmen oder für kostenpflichtige Angebote ist Clubhouse derzeit eher nicht zu empfehlen. Dazu ist die App noch zu neu, außerdem sind noch zu viele datenschutzrechtliche Anforderungen nicht erfüllt. Die geschäftliche Nutzung von Clubhouse ist zurzeit sowieso noch untersagt. Der Begriff der geschäftlichen Nutzung (“Commercial Use”) wird nicht weiter spezifiziert, ein “personal use” ist erlaubt. So gibt es eine Grauzone, z.B. wenn berufliche Gespräche, Themen-Sessions und Diskussionen stattfinden, Recruiter auf der Suche nach neuen Mitarbeitern sind oder Gespräche nur gegen Bezahlung angeboten werden. Zum anderen ist die App nur für iOS/ Apple-Nutzer verfügbar. Das sind nur 20 Prozent aller Smartphone-Nutzer.

Wo liegen die Risiken und Gefahren?

Aus der Perspektive des Datenschutzes ist Clubhouse nicht ohne Risiko:

App will Zugriff auf das gesamte Adressbuch – und die bestehenden Social Media-Profile.
Wer Clubhouse benutzen will, soll der App Zugriff auf das Adressbuch seines iPhones geben. Ohne diesen Zugriff lassen sich keine Freunde einladen. Interessierte sollten genau abwägen, ob ihnen der Zugang zur App diese heikle Datenfreigabe, die auch andere, unbeteiligte Kontakte betrifft, wert ist. Neue Nutzer können nur hinzugefügt werden, wenn ihre Mobilfunknummer angegeben wird. Auch bei der Anmeldung über einen Social-Media-Account behält sich der Anbieter den Zugang zu Followern und Freundeslisten vor. Das haben europäische Datenschützer schon bei WhatsApp kritisiert.

Zwar gibt es auch funktionale Gründe für den Zugriff, da dadurch die Verbindung zwischen Nutzern hergestellt wird. Ohne Einwilligung und mit Einrichtung von Schattenprofilen ist das allerdings äußerst bedenklich.

Account kann nur per E-Mail gelöscht werden: Dass Clubhouse offenbar wenig Wert auf Datenschutz legt, zeigt sich auch daran, dass die App Nutzern bislang nicht einmal eine direkt in die Plattform verbaute Option bietet, ihre eigenen Daten wieder löschen zu lassen. Wer seinen Account loswerden will, muss eine E-Mail schreiben.

Die Gespräche in einem Room werden aufgezeichnet: Nach Aussagen der Entwickler soll die Aufzeichnung dabei helfen, mögliche Verstöße gegen die Geschäftsbedingungen nachverfolgen zu können.

Intransparente Nutzung der Daten: Aus den Regeln geht nicht hervor, wie die gesammelten Daten eigentlich genutzt werden. Laut eigener Datenschutzerklärung darf der Anbieter sie sogar zu Werbe- und Marketingzwecken weitergeben – auch dies ist juristisch fraglich..

App verstößt gegen die DSGVO: Das Datenschutzkonzept von Clubhouse verstößt nach Aussage vieler Fachleute gegen die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Geahndet werden kann das nicht: Das US-Unternehmen Alpha Exploration hat keine Niederlassung in der Europäischen Union.

Auch Clubhouse ist nicht immun gegen Hate Speech: Hatespeech und Belästigung in den einzelnen Räumen ist möglich und geschieht auch. Auch eingeladene Gäste können sich danebenbenehmen. Der Betreiber des Raumes selbst kann wenig bis gar nicht moderierend in die Diskussionen eingreifen. Bis vor kurzem konnte man Missstände nicht direkt melden. Mit dem Aufstellen eigener Community-Guidelines und durch eine neue Meldefunktion wird diesem Umstand aber aktiv entgegengewirkt.

„Nutzer sollten sich mit den Datenschutzrichtlinien beschäftigen und das Risiko abwägen, ob die Weitergabe von Daten die Nutzung der App wert ist.“
Christof Stein, Pressesprecher des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI)

Ob der bayerische Volkskomiker Karl Valentin vor 100 Jahren wohl Clubhouse-Mitglied geworden wäre? Er meinte schon damals: „Es ist schon alles gesagt – nur noch nicht von allen.“ Das hilft vielleicht, die eigene FOMO (Fear of Missing out) im Griff zu halten.

Lesen Sie hier, welche rechtlichen Aspekte bei der Nutzung Clubhouse-App zu bedenken sind. Datenschutz-Experte Dr. Thomas Schwenke hat die DSGVO-Verstöße und Risiken zusammengefasst.